Wenn
von einer Zweiergruppe ein Partner stirbt ...
von
Marion Reich
Meerschweinchen
sind soziale Tiere, die man niemals allein halten sollte - die Einzelhaltung
und die Haltung von einem Meerschweinchen und einem Kaninchen sind
in Österreich durch das Tierschutzgesetz verboten.
Aber was macht man, wenn man zwei Tiere hält, entweder zwei
Weibchen, zwei Männchen oder ein Weibchen und einen kastrierten
Bock, und ein Tier stirbt?
Das
hinterbliebende Tier sollte auch dann nicht über einen längeren
Zeitraum allein gehalten werden. Je nachdem, in was für einer
Gruppe das überlebende Tier vorher gehalten wurde und ob es
sich um ein Weibchen, ein kastriertes oder ein unkastriertes Männchen
handelt, hat man unterschiedliche Möglichkeiten.
Mit
Ausnahme der reinen Bockhaltung,
bei der der Neuzugang ein möglichst junger Bock sein sollte,
der sich dem Alteingessenen unterordnet, ist es vorteilhaft, wenn
die Tiere ungefähr gleich alt sind bzw. sich in einem vergleichbaren
"Lebensabschnitt" befinden. Man sollte also ein altes
kastriertes Böckchen nicht unbedingt mit einem Babyweibchen
beglücken und ein älteres Weibchen nicht mit einem Babybock.
Obwohl man zugeben muss, dass Männchen bei der Wahl der neuen
Gespielin meistens nicht sehr anspruchsvoll sind (individuelle Vorlieben
ausgenommen ;-). Weibchen können dagegen bei der Wahl des neuen
Lebensgefährten schon ein bisschen zickig reagieren.
Die unten gegebenen Altersangaben sind nur als Richtwerte zu sehen.
Man kann sich auch bei einem erfahrenen Züchter oder im Tierheim
bzw. in der privaten Notstation beraten lassen. Im Gegensatz zur
Tierhandlung hat man hier im Allgemeinen die Möglichkeit, eine
Rückgabe zu vereinbaren, sollte die Vergesellschaftung nicht
klappen.
Das
hinterbliebene Tier ist ein Weibchen, das bisher mit einem Weibchen
gehalten wurde:
In diesem Fall hat man die Möglichkeit, wieder ein Weibchen
dazuzunehmen, am besten ein etwas jüngeres Tier, oder einen
kastrierten Bock. Nachdem die Vergesellschaftung mit einem kastrierten
Bock häufig das einfachere Unterfangen ist und fast immer eine
große Anzahl an Böcken in Tierheimen oder privaten Notstationen
auf ein neues Zuhause warten, ist die Entscheidung für einen
Bock eine gute Wahl.
Ist das Weibchen aber schon in fortgeschrittenem Alter und war bisher
immer mit einem Weibchen zusammen, ist es über die anfängliche
Aufdringlichkeit eines Bocks vielleicht alles andere als glücklich.
In diesem Fall könnte man sich auch für zwei junge Weibchen
entscheiden.
Das
hinterbliebene Tier ist ein Weibchen, das bisher mit einem kastrierten
Männchen gehalten wurde:
Auch hier hat man beide Wahlmöglichkeiten, allerdings wird
das Weibchen im Allgemeinen mit einem neuen kastrierten Bock glücklicher
sein und sich wahrscheinlich auch leichter vergesellschaften lassen.
Will man aber in Zukunft auf eine größere Gruppe hinarbeiten,
kann es von Vorteil sein, zunächst ein oder zwei Weibchen dazuzunehmen,
denn ein weiteres Weibchen zu einem bestehenden Pärchen dazuzubringen,
kann etwas heikel werden (das funktioniert am besten, wenn man zwei
Babyweibchen dazunimmt).
Das
hinterbliebene Tier ist ein kastriertes Männchen, das bisher
mit einem Weibchen gehalten wurde:
Dann ist die Wahl ganz einfach, ein neues Weibchen muss her. Am
besten altersmäßig abgestimmt auf den Bock. Als ungefähres
Maß kann man sagen: Bei Böcken bis zu einem Jahr kann
es ein Babyweibchen sein, bei Böcken zwischen einem und drei
Jahren kann das Weibchen ein bis zwei Jahre alt sein, bei Böcken
über drei Jahren ist ein Weibchen im Alter von zwei Jahren
oder älter eine gute Wahl.
Das
hinterbliebene Tier ist ein kastriertes Männchen, das bisher
mit einem Männchen gehalten wurde:
Hier hat man wieder zwei Möglichkeiten. Entweder man entschließt
sich für ein Weibchen und macht das Böckchen damit mit
großer Wahrscheinlichkeit sehr glücklich ;-) oder man
nimmt einen jungen Bock dazu und bleibt bei der Bock-WG. Die Entscheidung
für ein Weibchen sollte in Abhängigkeit vom Alter des
Bocks getroffen werden. Ist der Bock schon älter und hat bisher
immer nur mit Böcken zusammengelebt, überfordert ihn die
holde Weiblichkeit unter Umständen und er bleibt lieber in
der Männer-WG.
Das
hinterbliebene Tier ist ein unkastriertes Männchen, das bisher
mit einem Männchen gehalten wurde:
Möchte man bei reiner Bockhaltung bleiben, fällt die Wahl
auf einen möglichst jungen Bock, im Idealfall einen Frühkastraten.
Möchte man ein Weibchen dazunehmen, steht zunächst die
Kastration des Bocks auf dem Programm. Dabei ist aber zu bedenken,
dass das Männchen bis zu 6 Wochen nach der Kastration zeugungsfähig
sein kann. So lange sollte das Böckchen nach der Kastration
also nicht mit Weibchen in Kontakt kommen. Diese erzwungene, doch
sehr lange Einzelhaft wird allerdings durch die nachfolgende weibliche
Gesellschaft durchaus aufgewogen.
Bevor
man an eine Kastration denkt, sollte man aber mit einem meerschweinchenerfahrenen
Tierarzt Rücksprache halten, ob die Kastration empfehlenswert
ist, und man sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Kastration
bei Meerschweinchen ein vergleichsweise schwerer Eingriff ist, der
durchaus Risiken mit sich bringt.
Natürlich
ist auch das Alter des Bocks in Betracht zu ziehen, denn wenn er
schon mehrere Jahre glücklich mit einem anderen Bock verbracht
hat, ist er den Herausforderungen der weiblichen Gesellschaft vielleicht
nicht mehr gewachsen. Auch die Kastration stellt bei einem älteren
Bock ein deutlich höheres Risiko dar.
Wann
sollte man kein Meerschweinchen zu seinem hinterbliebenen Tier dazunehmen:
Eigentlich nie!
Die einzige Ausnahme ist eine Erkrankung des Tieres mit möglicher
akuter Ansteckungsgefahr für den Neuzugang oder ein ungeklärter
Todesfall des zweiten Tieres mit möglicher akuter Ansteckungsgefahr.
In diesem Fall sollte man die Entscheidung, ob ein neues Tier aufgenommen
werden kann, in Abstimmung mit einem meerschweinchenerfahreren Tierarzt
fällen. Unter Umständen ist eine gewisse Quarantänezeit
zur Abklärung der Symptomatik abzuwarten. In dieser Zeit sollte
man sich besonders intensiv mit dem Tier beschäftigen und beobachten,
ob das Meerschweinchen allein überhaupt zurechtkommt oder ob
es seinen Lebenswillen verliert!
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