Es
gibt kaum ein Thema in Bezug auf die Meerschweinchenhaltung, das
die Halter so deutlich in zwei Lager spaltet, wie die Frage, ob
Innenhaltung oder Außenhaltung die "bessere" Haltungsform
für Meerschweinchen ist.
Während die Befürworter von Außenhaltung diejenigen
belächeln, die ihre Tiere in Innenräumen halten und
ihnen den Zugang zur "Natur" verwehren, betrachten die
Befürworter der Innenhaltung Meerschweinchen in Außenhaltung
durchaus misstrauisch und möchten ihren Tieren diese Haltungsform,
besonders bei lange anhaltendem Regenwetter oder im Winter, nicht
zumuten.
Yvonne
Mann hat im folgenden Beitrag
die wichtigsten Punkte der Außenhaltung zusammengestellt.
Ich werde mich an dieser Stelle um einen möglichst objektiven
Vergleich der beiden Haltungsformen bemühen.
Zunächst
entscheidet Ihre Wohnsituation über die Möglichkeit
zur Außen- oder Innenhaltung. Wenn Sie in einer Wohnung
wohnen, wird sich die Frage nach Außenhaltung nicht stellen.
Das heißt aber nicht, dass Sie sich nicht ruhigen Gewissens
für Meerschweinchen als Haustiere entscheiden können.
Die Meerschweinchenhaltung ist zwar nicht so unaufwändig,
wie sie gerne dargestellt wird, wenn sie den Bedürfnissen
der Meerschweinchen möglichst gut entsprechen soll, aber
sie ist in Innenhaltung sehr wohl meerschweinchengerecht umsetzbar.
Zahlreiche Tipps dazu finden Sie bei den grundlegenden
Tipps zur Haltung und der Gestaltung
des Lebensraums.
Wenn
Sie einen Garten Ihr Eigen nennen, könnte Außenhaltung
für Sie in Betracht kommen, allerdings abhängig von
der Größe und Beschaffenheit des Gartens, von den klimatischen
Bedingungen in Ihrem Wohnort und auch von der Zahl an frei lebenden
Raubtieren (inklusive Katzen) in Ihrer Umgebung.
Wenn Sie den Garten nur gemietet haben oder wenn Sie Mitglied
in einem Kleingartenverein sind, erkundigen Sie sich bitte vor
der Errichtung des Außengeheges, ob der Vermieter einverstanden
ist bzw. ob die Satzungen des Vereins eine solche Anlage gestatten.
Je nach Größe des geplanten Außengeheges ist
eventuell bei der Gemeinde auch eine Baugenehmigung einzuholen.
Platzangebot
Der größte Pluspunkt der Außenhaltung ist sicher,
dass man den Tieren viel mehr Platz und auch einen abwechslungsreicheren
Lebensraum zur Verfügung stellen kann. Wobei das Platzangebot
allein aber noch nicht darüber entscheidet, ob ein Gehege
meerschweinchengerecht ist, denn es kann noch so groß sein,
wenn die entsprechende Strukturierung und ausreichende Unterschlupfmöglichkeiten
fehlen.
Andererseits hat es nichts mit artgerechter Haltung zu tun, wenn
man einfach einen handelsüblichen "Kaninchenstall"
in den Garten stellt. Zur Außenhaltung gehört schon
wesentlich mehr (siehe Fotobeispiele).
Gruppengröße
Wenn man sehr große Gruppen halten möchte, wird man
mit dem benötigten Platzangebot in Innenhaltung schnell an
die Grenzen stoßen, es sei denn, man wohnt in einer sehr
großen Wohnung oder einem sehr großen Haus.
Andererseits ist man in der Innenhaltung vollkommen flexibel,
was die Gruppengröße angeht. Die meisten Meerschweinchenhalter
entscheiden sich doch "nur" für kleine Gruppen
von zwei bis drei Tieren und diese Gruppengröße ist
für Außenhaltung zu klein. Bei der Außenhaltung
ist eine größere, sozial stabile Gruppe Voraussetzung,
mindestens vier Tiere.
Versorgung
der Tiere
Sie möchten sich Meerschweinchen anschaffen, vielleicht weil
die Kinder Ihnen schon so lang damit im Ohr liegen, und möchten
den mit der Haltung verbundenen Schmutz aber nicht im Haus haben?
Dann klingt die Außenhaltung doch nach dem optimalen Ausweg?
FALSCH!
Die Versorgung der Tiere in Außenhaltung ist besonders bei
schlechtem Wetter wesentlich unangenehmer und aufwändiger
als in Innenhaltung, sogar wenn Sie die Tiere "nur"
von Mai bis Oktober im Garten haben. Das regelmäßige
Ausmisten entfällt auch nicht, nur weil man die Schmutzmacher
in den Garten verbannt hat. Da Meerschweinchen sehr empfindlich
auf Feuchtigkeit und daher auch auf nasse Einstreu reagieren,
ist regelmäßiges Ausmisten eine der Grundvoraussetzungen
der Meerschweinchenhaltung.
Aber auch wenn Sie sich für Außenhaltung entscheiden,
weil Sie der Meinung sind, dass sie meerschweinchengerechter ist,
dürfen Sie diesen Punkt nicht unterschätzen. Auch die
Versorgung im Krankheitsfall ist in Innenhaltung bedeutend leichter.
Tiere in Außenhaltung (oder auch in Kaltstallhaltung) kann
man während kühler oder kalter Witterungsphasen nicht
einfach ins Warme holen, sie dort im Krankheitsfall versorgen
und dann wieder hinaussetzen. Die Meerschweinchen müssen
dann bis Mai etwa (je nach Wetterlage) im Haus bleiben und können
erst dann wieder zur Gruppe zurück. Natürlich kann ein
Meerschweinchen nicht so lange allein bleiben, also muss zumindest
ein Partnertier mit im Warmen sein und trotzdem müssen -
während der kalten Jahreszeit - noch mindestens vier Tiere
in Außenhaltung verbleiben, es sei denn, Sie holen alle
ins Haus. Und nachdem diese Meerschweinchen dann einen relativ
großen Lebensraum gewöhnt sind, brauchen sie auch im
Haus entsprechend viel Platz.
Kontakt
zu den Tieren
Wie die Versorgung ist auch der Kontakt zu den Tieren bzw. der
Beziehungsaufbau zwischen Mensch und Meerschweinchen in der Außenhaltung
aufwändiger.
Will man Meerschweinchen bei einem Züchter, der seine Tiere
in Außenhaltung hält, erwerben und hat aber vor, diese
Tierchen in Innenhaltung zu halten, sollte man bedenken, dass
es sein kann, dass die Tiere auf normale Alltagsgeräusche
im Haushalt (anfangs) sehr ängstlich reagieren, einfach weil
sie sie nicht kennen.
Das
soll jetzt aber nicht heißen, dass Meerschweinchen in Außenhaltung
nicht zutraulich werden. Es ist einfach eine andere Art der Beziehung,
die Meerschweinchen leben "wilder" und vielfach wird
der Tierkontakt mehr durch Beobachten bestehen oder man muss viel
Zeit im Außengehege verbringen.
Wetter/Feuchtigkeit
Der größte Minuspunkt der Außenhaltung ist meiner
Ansicht nach das Wetter bzw. die Feuchtigkeit. Natürlich
ist das regional sehr unterschiedlich, aber im Wiener Raum "freuen"
wir uns doch einen Großteil des Jahres über Feuchtigkeit.
Im Winter kann es kalt und feucht, kalt und trocken, nicht so
kalt, dafür sehr stürmisch oder nicht so kalt, aber
regnerisch sein. Im Sommer ist es zeitweise warm bzw. heiß
und feucht, zeitweise heiß und trocken. Und im Frühling
und Herbst ist es ebenfalls häufig ziemlich feucht.
Wildmeerschweinchen leben in einer Klimazone, die große
Schwankungen der Tagestemperatur aufweist, sodass Meerschweinchen
kalte Temperaturen durchaus gut tolerieren, allerdings ist das
Klima im Allgemeinen ziemlich trocken und nicht übermäßig
heiß. Daher können Meerschweinchen besonders auf Feuchtigkeit
und Hitze empfindlich reagieren - und natürlich auch auf
feuchte Kälte. Am wohlsten fühlen sich Meerschweinchen
bei Temperaturen zwischen 15 und 22° C (bis maximal 25 °C).
In jeden Fall ist bei der Außenhaltung ein entsprechend
großes Außengehege mit verschiedenen Rückzugsmöglichkeiten,
die vor Regen, Wind und Sonneneinstrahlung schützen, notwendig.
Und es braucht einen Halter, der bei jedem Wetter seine Tiere
auch tatsächlich gut versorgt.
Meerschweinchen
sind keine Kaninchen!
Während Kaninchen in Innenhaltung nur mit sehr großem
Aufwand und vor allem Platzangebot zu halten sind und normalerweise
in Außenhaltung deutlich glücklicher leben, gilt das
für Meerschweinchen nicht unbedingt. Wildkaninchen stammen
ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und haben sich von dort
über weite Teile Europas verbreitet - daher sind sie an die
klimatischen Bedingungen in unseren Breiten auch besser angepasst.
Für
welche Haltungsform Sie sich entscheiden, Sie muss zu Ihnen und
zu Ihren Tieren passen!
Es stimmt nicht, dass in Innenhaltung keine tiergerechte Meerschweinchenhaltung
möglich ist (wobei jede Form der Tierhaltung immer nur einen
Kompromiss darstellt), aber es ist bei entsprechendem Aufwand
auch möglich, Meerschweinchen in Außenhaltung gut zu
versorgen. Allerdings ist Außenhaltung per se noch kein
Garant für artgerechte Haltung. Das Wichtigste zur Außenhaltung
lesen Sie im folgenden Beitrag.