Päppen
von kranken Meerschweinchen (Zwangsernährung)
von
Anita Schnell
Meerschweinchen
verfügen über ein komplexes Verdauungssystem. Sie nehmen
im Laufe des Tages (und der Nacht) viele kleine Futterportionen
zu sich und müssen bei Futterverweigerung so schnell wie möglich
einem meerschweinchenerfahrenen Tierarzt vorgestellt werden. Als
Überbrückung bis zum Tierarztbesuch ist es wichtig, das
Tier zu päppeln.
Päppelbrei:
Als Päppelbrei verwendet man spezielle Fertigfuttermittel,
die mit Wasser angerührt werden, zB Critical Care, Herbi Feed,
Rodicare instant etc. Man erhält diese Futtermittel beim Tierarzt,
in der Apotheke oder im Internet.
Da
die Tiere meist plötzlich und unerwartet das Fressen einstellen
und dabei keine Rücksicht auf Abendstunden, Wochenenden und
Feiertage nehmen, empfehle ich, immer einen Beutel dieses Fertigbreis
auf Vorrat zu Hause zu haben.
Der
Brei kann in einer Schüssel, vom Löffel bzw. in einer
Spritze angeboten werden. Ich biete auch meinen gesunden Tieren
den Päppelbrei gelegentlich aus der Spritze an, sie sind wahre
Critical Care-Junkys und kennen daher im Krankheitsfall den Brei
aus der Spritze.
Leider nehmen die Tiere im Falle einer Krankheit den Brei nicht
immer freiwillig und müssen mit der Spritze zwangsernährt
werden.
Zubereitung:
Man benötigt
Critical Care-Pulver oder anderen Futterbrei zum Anrühren
lauwarmes Wasser bzw. Fencheltee
1-ml-Einwegspritze mit abgeschnittener Spitze (Tuberkulin-Spritze
mit Plastikspardorn, beim Tierarzt oder in der Apotheke erhältlich)
ev. Frühkarotten aus dem Babygläschen
Löffel
kleines Behältnis
Der
Brei sollte nach Möglichkeit zu jeder Fütterung frisch
zubereitet werden. Er kann allerdings rund 24 Stunden im Kühlschrank
aufbewahrt werden. Bedenken Sie aber, dass der Päppelbrei lauwarm
verabreicht werden sollte.
Je
nach Verabreichungsart kann der Brei durch Zugabe von Flüssigkeit
bzw. Pulver geändert werden, bis die gewünschte Konsistenz
erreicht ist.
Menge:
Als Faustregel gilt pro kg Körpergewicht 70-80 ml Päppelbrei
pro Tag.
Sollte das Tier selbst auch etwas Heu fressen, senkt sich der Päppelbedarf
natürlich. Das Meerschweinchen sollte so oft wie möglich,
allerdings mindestens 3 bis 4 Mal täglich gefüttert werden.
Frisst ein Meerschweinchen selbstständig gar nicht, muss die
Fütterung alle 2 bis 3 Stunden erfolgen.
Pro
Mahlzeit dürfen nicht mehr als 20 ml Brei (dies gilt für
ein ca. 1000 bis 1200 g schweres Meerschweinchen, bei kleineren
Tieren dementsprechend weniger) verabreicht werden.
Verabreichung:
Nimmt der Patient den Futterbrei freiwillig aus einer Schüssel
bzw. vom Löffel, sollten Sie darauf achten, dass der leckere
Brei nicht von gesunden Tieren weggefressen wird.
Müssen
Sie Ihr Schweinchen allerdings mit der Spitze ernähren, ist
der Patient meistens nicht sehr kooperativ. Besonders, wenn man
nicht viel Übung im Zufüttern hat, empfiehlt es sich,
ein Meerschweinchen zu zweit zu päppeln. Dann kann eine Person
den kleinen Patienten halten, während sich die andere darauf
konzentriert, den Brei ins Schnäuzchen zu bekommen.
Aber
natürlich ist es auch möglich, das Schweinchen allein
zu füttern, wenn keine Hilfe zur Verfügung steht. Das
Päppeln erfordert ein bisschen Übung, Geschick und Ideenreichtum,
um mit zwei Händen das Schweinchen zu halten bzw. am "Zurückschieben"
zu hindern, das Mäulchen in die "richtige" Position
zu bringen, die Spritze aufzuziehen, ins Mäulchen zu führen
und "abzudrücken".
Zunächst
sollten Sie die Einwegspritze so vorbereiten, dass Sie die verengte
Spitze und den Dorn abschneiden. Bleibt eine scharfe Stelle an der
Schnittstelle zurück, kann man die Öffnung der Spritze
ganz kurz mit einem Feuerzeug erwärmen und die Schnittfläche
dann mit dem Finger glätten.
Hinweis: Verwenden Sie zum Päppeln am besten Tuberkulin-Spritzen
mit Plastikspardorn. Bei Spritzen mit Gummistempel besteht die Gefahr,
dass das Meerschweinchen den Gummistempel in das Maul gekommt und
mitschluckt, was zu einem Darmverschluss führen kann. Sollten
Sie in einer Notsituation, in der Sie keine andere Spritze zuhause
habe, mit einer Spritze mit Gummistempel füttern müssen,
ist unbedingt darauf zu achten, dass der Gummistempel nicht ganz
aus der Spritze herausgedrückt wird.
Folgende
Variante des Fütterns hat sich bei mir bewährt:
Ich bereite auf einem Tisch ein Handtuch, ein Schüsselchen
mit dem Brei, Küchenrolle und Spritze vor.
Der Patient wird parallel zu mir in Blickrichtung nach rechts auf
das Tuch gesetzt. Mit meinem linken Arm umschlinge ich das Meerschweinchen,
sodass sich das Hinterteil in meiner Armbeuge befindet. So wird
verhindert, dass das Tier nach hinten ausweichen kann.
Mit der linken Hand halte ich vorsichtig den Kopf des Tieres und
führe mit der rechten Hand die aufgezogene Spritze an die Seite
des Mäulchens.
Die Spritze mit dem Futterbrei führe ich seitlich ins Mäulchen
und verabreiche ca. eine halbe Spritze (rund 0,5 ml). Danach lasse
ich dem Schweinchen den Brei kauen und schlucken. Aufpassen, dass
sich das Tierchen nicht verschluckt! Ein Meerschweinchen sollte
immer in einer möglichst natürlichen Körperhaltung
gefüttert werden, weil sich sonst die Gefahr, dass das Meerschweinchen
Futterbrei in die Atemwege bekommt, deutlich erhöht.
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Verweigert
das Tier nach einer gewissen Futtermenge weitere Spritzen, geben
sie dem Tier ein bisschen Zeit und versuchen Sie es etwas später
weiter.
Es ist zu empfehlen, die aufgenommene Futtermenge zu dokumentieren.
Das Schweinchen sollte täglich möglichst zur gleichen
Zeit gewogen werden, um einen eventuellen Gewichtsverlust sofort
zu bemerken.
Zugabe
zum Brei:
Um die Darmflora zu unterstützen, können Sie dem Päppelbrei
- in Absprache mit dem Tierarzt - Probiotika, wie "Bene-Bac-Pulver"
(über den Tierarzt erhältlich), hinzumengen.
Manche Tiere nehmen den Brei lieber zu sich, wenn man ihn mit wenig
Frühkarotten- bzw. Apfelbrei aus einem Babygläschen mischt.
Zu
beachten:
Dem kranken Tier muss immer frisches Heu und Wasser zur Verfügung
stehen und man muss bei jeder Fütterung mit Saftfutter versuchen,
den Patienten zum Fressen zu animieren. Das Päppeln ist keine
Dauerlösung, sondern nur eine Überbrückung, bis das
Tier wieder selbstständig fressen kann.
Sofern Ihr Tier über einen längeren Zeitraum zwangsernährt
werden muss, ist zu bedenken, dass das Wachstum der Zähne stetig
voranschreitet und keinerlei Zahnabrieb stattfindet. Die Zähne
sollten daher regelmäßig beim Tierarzt kontrolliert werden.
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